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Geburtsbericht einer HBAC

 

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Die Geburtsreise von Fay und Minou

Viele von euch haben bereits in meiner Geburtsgalerie die wunderschönen Bilder gesehen, die bei Minou`s Geburt entstanden sind. Diese fotografische Begleitung war für mich eine ganz besondere. Denn Fay hatte sich, quasi in letzter Minute, für eine Hausgeburt entschieden, nachdem sie genau 3 Jahre zuvor eine sehr traumatische Geburt erlebte die mit einem Kaiserschnitt endete. Unter fachleuten nennt man diese Geburt HBAC. Home Birth After Cesarean. Ein heutzutage immer noch sehr seltenes Ereignis, dem vor allem Ärzte und Hebammen sehr skeptisch gegenüber stehen.

Ich selbst hatte bei meinem jüngsten Sohn eine HBAC geplant, die ich leider abbrechen musste. Trotz wunderbaren Geburtsverlauf hat meine Hebamme es damals geschafft mir das Gefühl zu geben, dass ich nicht die Kraft besitze das zu schaffen. Ich fuhr damals für den letzten Teil der Geburt in die Klinik und meine Hebamme hatte 6 Monate danach ein Burn out udn wechselte die Branche. 

Fay hatte das Glück einer wunderbaren Hebammen begleitung und auch die notwendige Kraft um ihre zweite Tochter zu Hause zu gebären. Und davon möchte sie euch nun selbst erzählen. Unbeschönigt und echt. 


Mein erstes Kind bekam ich 2013. Ich war 28 und hatte mir während der Schwangerschaft überhaupt keine Gedanken zur Geburt gemacht. Wenn das Thema in einer schlaflosen Nacht wieder Platz in meinem Kopf einnahm, half mir das Mantra: Millionen von Frauen haben das schon geschafft, irgendwie kommt es schon raus.
Ich hab mir keine Hebamme organisiert, ich besuchte keinen Vorbereitungskurs. Im Nachhinein betrachtet, machte mir einfach alles Angst, was mit Geburt zu tun hatte. Dann war es soweit: Blasensprung - Rettung - CTG. Aber keine Wehen. Nach drei Tagen voller CTGs, Wehenzäpfchen und dem Wehentrog, war es soweit. Sectio.

Drei Jahre später sollte es wieder so weit sein. Dieses Mal wollte ich mich besser vorbereiten! Ich las das Buch: Geburt aus eigener Kraft (Isabella Ulrich), weinte von der ersten Seite bis zur letzten und verarbeitete meinen Kaiserschnitt noch einmal. Sie beschrieb alles was ich leider nicht gemacht hatte.
Ich besorgte mir eine Hebamme. Sie lehnte eine Hausgeburt nach Sectio sofort ab. Ich fand in meinem Umkreis keine einzige, die es probieren wollte. So überlegte ich Anfangs noch, meine Hebamme davon zu überzeugen, dass ich das kann. Aber nach und nach wiegte ich mich in der scheinbaren Sicherheit, dass mir mit einer eigenen Hebamme im Spital nichts passieren konnte.
Das erste CTG im Spital, das nach dem letzten Frauenarzttermin, änderte alles. Der Arzt wollte von meiner ersten Geburt erzählt bekommen und kommentierte nur: "Aha Wehenschwäche. Dieses Mal geben wir ihnen aber keine Wehenmittel, das geht ja in ihrem Fall nicht mehr, sonst reisst die Narbe." Ich ging nach Hause und war komplett schockiert. Wehenschwäche. Gehts noch? Ich kann nicht im Spital gebären, dachte ich. Dann kam der Anruf meiner Hebamme: Sie hätte Streit gehabt mit einem der Ärzte, sei gekündigt, und dürfe auch nie wieder in den Kreissaal. Ergo, sie kann mich nicht begleiten. Und das 17 Tage vor ET. Also, ich saß da und dachte mir nur WTF!
Ich telefonierte wie verrückt, aber keine Hebamme hatte Zeit. Dank meiner Freunde schickte mir das Universum eine Hebamme, die auch bereit wäre eine Hausgeburt mit mir zu machen. Sie kam und sie meinte es würde für sie passen. Sie fuhr 1 1/2 h zu mir. An diesem Abend ging ich ins Bett und dachte mir: Oh mein Gott, ich mache tatsächlich eine Hausgeburt. Ich hatte mich ja gar nicht vorbereitet. Nicht einmal den Zuckertest hatte ich machen lassen. Geschweige denn, die Narbe untersuchen lassen. Ich besorgte zumindest eine Geburtskerze.

Bei den CTGs im Spital sagte ich natürlich nichts, der Geburtstermin verstrich und ich musste schon alle zwei Tage hin. Die Ärztin meinte beim letzten CTG ich solle in zwei Tagen wieder kommen. „Aber da hat meine Grosse ihren 3. Geburtstag, können wir nicht drei Tage machen?“ „Ja, dann kommens aber gleich um 8 Uhr zur Einleitung, das sind dann schon 10 Tage und wir warten nicht länger.“ „Ok, dann komme ich eben den Revers unterschreiben, danke“ Ich ging nach Hause und war völlig fertig. Endlich hatte ich eine Hebamme gefunden, die mit mir zu Hause gebärt und dann lässt sich dieses Kind soviel Zeit.
An diesem Abend telefonierte ich noch mit einer befreundeten Hebamme, die mich sehr beruhigte. Zwei Stunden später, es war 23 Uhr, hatte ich einen Blasensprung mit sofortigen Wehen. Und zwar in Abständen zwischen 5-7 Minuten. Von wegen Wehenschwäche. Die Hebamme und unsere Geburtsfotografin Tamara wurden kontaktiert und machten sich auf den Weg.

Hausgeburt Hbac 2
Ich konnte die Wehen im Liegen nicht veratmen. Sie überrollten mich und ich musste sitzend oder im Vierfüsslerstand veratmen. Als die Hebamme kam, meinte sie, ich solle mich nochmal hinlegen. Aber das konnte ich nicht. Sie selbst ging schlafen :-) Das Hypnobirthing konnte ich einfach gar nicht anwenden. Die Intensität überrollte mich einfach. Ab 4 Uhr Morgens tönte ich schon vor mich hin. Es waren Wehen, die mir schon soooo stark vorkamen. Meine Hebamme sagte, ich hätte schon eine lila Linie am Po, und ich freute mich, da dies ein Zeichen war für eine voranschreitende Geburt. Ich war also fleissig gewesen, die Schmerzen hatten sich ausgezahlt und die Geburt war in vollem Gange. Erleichterung. Nach einigen Minuten untersuchte sie mich dann vaginal und war sehr erstaunt, da mein Muttermund erst 4 cm offen war. Heilige Scheisse, das war ja erst Geburtsbeginn. Der Mut und die Kraft schienen mich zu verlassen. Ich hätte kotzen können, was ich dann auch tatsächlich tat. Meine Hebamme sagte, ich solle loslassen, mich gehen lassen. Am liebsten hätte ich ihr den Speibeimer nachgeworfen.

Hausgeburt Hbac 3
Ab jetzt sollte ich nicht mehr tönen sondern meine Lippen brummen lassen, als würde ich ein Auto nachmachen. Das macht den Muttermund weich. Ich kam mir sooo bescheuert vor, aber ich machte was sie mir sagte. Diese 4 cm Informtion hatte mich dermaßen entmutigt, innerlich kochte ich vor Wut und Enttäuschung. Ab diesem Moment begann ich nach jeder Wehe zu jammern und als wir dann endlich bei 6 cm waren, wollte ich komplett aufhören. Sofort. Aber das ging nicht. Tamara sagte, bei 6 cm wollen alle aufhören, das ist ganz normal. Meine Hebamme sagte, zu Mittag sei das Baby da. Es war aber erst 8 Uhr in der früh. Also machte ich weiter. Nach jeder Wehe jammerte ich, dass ich nicht mehr will, kann oder es nicht schaffen würde. Alle positiven Gedanken und Affirmationen, all das Hyptnobirthing, waren wie weggeblasen. Immer wieder überrollte mich eine Welle der Verzweiflung und Hilflosigkeit.
Ich ging in die Badewanne und hoffte auf schmerzlinderung und entspannung. Die Schmerzen wurden stärker.
Nun wurde ich richtig wütend, und teilte den anderen mit das ich ins Krankenhaus fahren möchte. "Ich brauch Schmerzmittel! Ich halte den Schmerz einfach nicht aus!" Meine Entscheidung stand fest. Ich war bei 8 cm. Ich war am Ende. Da sagte Tamara sagte etwas für mich sehr Wichtiges: „Wenn du jetzt ins Spital fährst, bekommst du sowieso nichts mehr gegen die Schmerzen. Bei 8 cm bekommst du gar nichts mehr, da musst du jetzt durch! “ Das wars. Ich fiel in ein tiefes Loch. Genau das, war "der Satz", den ich anscheinend brauchte. Kurz war alles ganz weit weg. Sie hatte mir mit einem Schlag diese eine Illusion genommen, einen Ausweg zu haben. Den Fluchtweg. Ich hörte meine Hebamme sagen, dass ich nicht weglaufen konnte. Ich könnte schon mitschieben wenn ich das wollte, auch bei 8 cm schon, also tat ich das.

Hausgeburt Hbac 6

Und dann, das plötzlich wie es mir schien, kamen schon die ersten Presswehen. Wahnsinn, was für eine Kraft in uns steckt, dachte ich. Ich glaube, ich habe noch nie so geschrien. Einige Male nahm ich nicht mehr wahr wann eine Wehe anfing oder endete, ich spürte nur noch Schmerz.

Hausgeburt Hbac 4

Der Kopf ging raus und wieder rein. Hin und her. Mein Damm wurde gedehnt. Ich wünschte mir nur noch, dass dieser Kopf endlich aus mir raus kommt.

Hausgeburt Hbac 7

Und dann war es soweit, er kam tatsächlich heraus und ich dachte, ich verbrenne. Ich wechselte in den Vierfüsslerstand. Die nächste Presswehe ließ sich Zeit. Ich spürte den Kopf und ich hörte, wie mein Baby zu plaudern anfing, alle im Raum anwesenden lachten und plauderten mit meiner Tochter, dessen Körper noch in mir war. Die Situation war surreal, aber trotdem irgendwie lustig.
Und dann kam sie, die letzte Presswehe. Mit einem Schlag, waren all die Schmerzen,die Ängste, die Verzweiflung und all die Anstrengungen von vorher vergessen. Ich nahm mein Baby in meine Arme und war nur noch voller Liebe. Die Liebe schien sich bis in die dunkelsten Ecken unseres Hauses und unserer Seelen auszudehnen.
Ich hatte es geschafft. Wir hatten es geschafft.

Hausgeburt Hbac 8

Hausgeburt Hbac 10

Etwas später hatte ich ein eigenartiges Gefühl, weil ich so viel gejammert hatte und so oft aufgeben wollte, aber mein Freund, die Hebamme und auch Tamara, bestätigten mir wie toll ich es gemacht hätte. Es dauerte ein bisschen, bis ich das wirklich annehmen konnte.

Hausgeburt Hbac 11

Aber eines war mir sofort klar. Mein Kaiserschnitttrauma war wie ausradiert. Meine Gebärmutter, die durch diesen schmerzhaften Prozess gegangen ist, war geheilt. All die Gefühle und Gedanken die mich die letzten Jahre begleitet hatten, waren ausgelöscht.

Hausgeburt Hbac 13

Hausgeburt Hbac 14

Das was ich jetzt sage, wird viele vor den Kopf stossen, aber ich möchte ehrlich sein denn für mich fühlte es sich wirklich so an: Diese geburt offenbarte für mich den Grund, warum es beim ersten Mal zum kaiserschnitt kam: Hätte ich diese Reise schon beim ersten Kind durchgemacht: Ich hätte kein zweites Kind bekommen.

Hausgeburt Hbac 16

Hausgeburt Hbac 22

Im Nachhinein betrachtet, konnte ich erst richtig loslassen, als ich keinen Boden mehr zum Festhalten hatte. Als ich ganz alleine war. Ausgeliefert. Ohne der Aussicht auf ein Krankenhaus und die damit verbundene mögliche Schmerzlinderung. Erst dann konnte ich nicht mehr davon laufen. Und das war gut so. Eines ist klar: Diese Geburt, so anstrengend sie auch gewesen sein mag, hat mich geheilt und wird mir für immer Kraft geben. 


Ich möchte mich hier nochmal bedanken für euer Vertrauen mir gegenüber, es war mir eine ganz besondere Ehre diese Reise für euch festhalten zu dürfen! 

Hier geht es weiter zum nächsten Geburtsbericht und hier findest du weiter Geburtsfotos.

 

 

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